Kapitel sechsundzwanzig
Eva fuhr auch mit uns gemeinsam nach Bayern zurück. Sie würde ihre Tante in Nürnberg besuchen und freute sich, dass in Arvids Auto noch ein Platz frei war. Auf der Autobahn war Arvids Vergangenheit das Gesprächsthema Nummer eins.
„Ja ich war nicht auf einer normalen Schule, ich habe verstanden“, lachte er, „Ihr habt nicht 90% Sport auf dem Stundenplan. Ja und? Geschadet hat es mir nicht.“
„Stimmt", kicherte Eva die auf dem Beifahrersitz saß und schob die Ärmel seines Shirts etwas nach oben.
„Aber wie bist du dann zum Militär gekommen? Du wirkst so ruhig...“, fragte ich von der Rückbank und Arvid seufzte hörbar.
„Ich wollte von meiner Familie weg und merkte, dass ich gut in solchen...naja…Dingen bin. Kampfsport hatte ich in der Schule schon und mit Schusswaffen hatte ich mich als Hobby auch interessiert. Sportlich bin ich ja sowieso schon immer gewesen. Da bot sich dieser Beruf an. Mit 18 war ich außerdem wirklich das Gegenteil von ruhig. Nele und ich haben keine Party ausgelassen.“
„Aha also warst du eher ein wilder Teenie", bohrte Eva nach.
„Oh ja…“, gab Arvid nachdenklich zu.
Ich musste allerdings immer an ein Detail seiner Erzählung denken: „Seit wann kennst du Nele denn so gut?“
„Seit ich 16 bin, sie war meine erste Freundin“, meinte er locker und bei dem Gedanken an Neles Verlobung breitete sich Erleichterung in mir aus.
Jetzt war es eine Zeitlang Still im Auto und wir blickten schweigend aus dem Fenster. Wir fuhren an schneebedeckten Bergen und grünen Wiesen vorbei. Frühling war so was schönes. Plötzlich fragte Eva: „Und was ist mit Lucas? Weißt du warum er nicht da ist oder was mit ihm ist? Ich mein wir sind beste Freunde gewesen und jetzt meldet er sich nicht.“ Arvids Finger krallten sich fester um das Lenkrad und er verringerte deutlich die Geschwindigkeit.
„Nein weiß ich nicht aber ich kann sagen er wird Ostern auch bei Medina Zuhause auftauchen.“
Ich kreischte erschrocken und zog mich zu den beiden nach vorne. „IST DAS SEIN FUCKING ERNST!“, kreischte ich laut, worauf Eva sich die Ohren fest zuhielt.
„Doch er sagte er wolle gerne Zeit mit dir verbringen, soll eine Überraschung sein oder so“, seufzte Lucas jüngerer Bruder.
Eva drehte sich grinsend um und meinte zuversichtlich: „Komm gib ihm eine Chance. Du hast ihn doch lange geliebt, vielleicht wird das ja ein schöner Tag unter Freunden.“
Ich schüttelte den Kopf und blickte schweigend aus dem Fenster.
„Sie mag ihn echt nicht sehen oder? Verstehst du dich eigentlich mit Lucas?“, stellte Eva Arvid eine Frage und er legte den Kopf etwas zur Seite.
„Naja eigentlich schon. Haben aber schon auch unsere Differenzen.“
-„Inwieweit?“
„Naja er ist in manchen Bereichen noch sehr altmodisch, was feste Beziehungen und so angeht zum Beispiel oder seine Hobbys und der Musikgeschmack. Wenn wir Auto fahren gibt es immer Streit um Musik,“ verharmloste Arvid aus meiner Sicht die aktuellen Streitpunkte und fuhr in einem Rastplatz ein.
In meiner Vorstellung hatten die Brüder mehr Differenzen als den aktuellen Musikgeschmack.
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