Kapitel sechs

„Also ich bin ja so etwas wie Lucas großer Bruder im gewissen Sinne, das weißt du ja schon. Wir wuchsen in reichen elitären Verhältnissen auf und meine Eltern sind streng darauf bedacht, dass ich Traditionen wahre. Eine Tradition ist, dass alle Erstgeborenen mit 16 zum Militär gehen. Wie ich eben. Ich arbeite nun insgesamt seit 6 Jahren dort. Davor hab ich viel getanzt, was aber auch mit großem Leistungsdruck von Seiten Lucy verbunden war. Sie wollte einfach, dass ich etwas aus meinem Leben mache. Im Militär habe ich viel trainiert um fit für die Einsätze zu bleiben. Das hier, mein Profilbild ist aus Afghanistan. Hier schau mal“, er unterbrach die Geschichte und zeigt mir ein Foto auf dem er mit gesenktem Kopf, an eine Mauer gelehnt auf dem Boden saß, auf seinem Schoß lag ein, Hund.
Ich wusste nicht was ich sagen soll, bis jetzt klang es so als wäre sein bisheriges Leben sehr von Leistung geprägt gewesen und Lucy hatte es anscheinend hart durchstrukturiert. Das die Kirschbaums sehr altmodisch und elitär sind war ja kein Geheimnis und Lucy legte vor allem großen Wert auf Manieren und auf das Ehren der Vergangenheit.
„Ich hasse deswegen einfach meinen Körper. Er ist nur so weil er so fähig ist im Krieg zu bestehen. Ich kann nie Spaß am Sport haben oder ähnliches und ich hasse es, dass Frauen darauf achten wie toll ich nur aussehe“, seufzte er und drehte sich auf den Rücken, „Mit dir kann ich wenigstens offen reden, ich denke nicht, dass du wie die Frauen bist mit denen ich sonst Zeit verbringe Medina. Dir vertraue ich.“
Nachdenklich blickte ich an die Decke. Langsam und darauf bedacht ihn nicht zu berühren legte ich mich neben ihn.
„Ich weiß echt nicht was ich darauf sagen soll Arvid. Aber ich kann nachvollziehen was du durch gemacht hast“, flüsterte ich leise um die angenehme Stille nicht kaputt zu machen.
„Danke Medina das du dir das angehört hast, jetzt weißt du auch schon mal mehr über unsere Familie.“ Er blickte mich mit seinen wunderschönen braunen Augen lange von der Seite an und ich strenge mich mit aller Kraft an ihm nicht tief in die Augen zu blicken. Denn ich wusste, dann würde ich ihn nie nie nie wieder aus meinen Kopf bekommen.
„Gehen wir am Montag Tanzen“, wisperte er nun genauso leise und ich nickte zögerlich.
„Klar gerne. Du dann treffen wir uns um 16 Uhr vor dem Haupteingang der Schule und ich zeige dir das Tanzstudio“, schlug ich mit trockener Kehle vor und er setzte sich langsam auf.
„Gut klar. Ich gehe dann mal zu meiner Couch.“ Ich beobachtete aufmerksam wie er zu seinem Nachtlager tapste und sich mit dem Rücken zu mir in die Laken kuschelte. Oh man er war schon echt ein Traumtyp.
Ich träumte gerade mit offenen Augen vor mich hin, als er sich abrupt aufsetzte.
„Ich habe noch dein Geschenk.“ Mit flacher Hand schlug er sich auf die Stirn und ich musste lachen. „Komm das kannst du mir auch morgen geben.“
„Nein warte.“ Er kramte schnell in seiner Reisetasche herum, wodurch mehrere weiße Shirts herausfielen und eine Badehose. Wir könnten ja auch mal schwimmen gehen…

Er holte ein zerknautschtes Päckchen heraus und reichte es mir auf das Bett herüber. Ich musste erst einmal schlucken, es war das gleiche hellblaue Geschenkpapier wie bei Lucas Geschenk. War es aus dem gleichen Laden? Nervös griff ich an meine Brosche. Ich hasste sie eigentlich so sehr!
Aufgeregt riss ich das Papier herunter. Es war aus dem gleichen Laden, es war auch eine Kette aber sie war nicht so altmodisch wie die von Lucas. Sie war wunderschön. Das Gold war mit Bernsteinen verflochten und filigran verarbeitet. Mit zitternden Händen öffnete ich den Verschluss der Brosche und Arvid schloss hinten seine Kette.
Sie sah wirklich wunderschön an meinem Hals aus. Mit einem breiten Grinsen fiel ich ihm um den Hals und mit der Kette um den Hals schlief ich wieder ein.

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